Bericht der Präsidentin

Quo vadis Graubünden? – Quo vadis Spitex?

Wohin gehst du Graubünden? Diese Frage hat mich nicht nur im Zusammenhang mit der Spitex, sondern generell im Zusammenhang mit unserem Kanton im letzten Jahr enorm beschäftigt. Diese Frage hat bei uns auch immer wieder zu angeregten Diskussionen Anlass gegeben. Abwanderung in den Tälern, damit einhergehende Überalterung, keine Berufsangebote für qualifizierte junge Menschen, ungenügende bedarfsgerechte Ausbildungsplätze auf Tertiärstufe, fast ausschliessliche Fokussierung im Tourismus auf den Sport, drohende Immobilienblase im Bündner Rheintal, Zweitwohnungsinitiative usw. All dies wird gekoppelt mit einer grossen machtpolitischen Verhinderungspolitik und untauglichen, naiven und auf halber Wegstrecke steckengebliebenen Vorschlägen. Weshalb mit aller Konsequenz innovativ sein, etwas verändern, etwas Neues wagen, wenn es doch so gut läuft? Die Zahlen im Tourismus zeigen auch nach oben und unserem Kanton geht es finanziell doch auch gut! Was hat DIE denn?

Dies ist die Grundhaltung zu vieler. Aber weshalb, frage ich mich.

Meine Diagnose lautet: Verunsicherung.

Dieses Geschwür grassiert in der Politik, in der Wirtschaft aber auch beim einzelnen Bürger. Wir alle wissen nicht, was auf uns zukommt. Verunsicherung führt zu Misstrauen und Misstrauen gipfelt in Ablehnung. Da muss man kein Psychologe sein, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.

Wir Bündner, wir bräuchten doch eine gemeinsame Vision. Wohin wollen wir gemeinsam mit unserem Kanton? Mit unserer Bevölkerung? Welches ist das Seil, an dem wir gemeinsam ziehen, um uns wirtschaftlich und gesellschaftlich wieder nach vorne zu katapultieren? Gerade diese gemeinsame Vision fehlt uns. Leider.

Im Rahmen einer solchen Diskussion wurde ich kürzlich entnervt, aber besonders originell gefragt: «Was war denn zuerst: das Huhn oder das Ei?» Meine spontane Antwort war: «Die Bildung!» Wenn wir bei uns die jungen Leute in jenen Berufen ausbilden würden, die auch tatsächlich nachgefragt werden, dann schüfen wir eine gute Grundlage für neue Unternehmensstandorte. Das ist mein Credo. Eine gute Bildungslandschaft ist der Schlüssel zum Erfolg. Sie glauben mir nicht? – Dann fragen Sie doch einmal nach, weshalb eine grosse Firma ihre neue Fabrik nicht in Domat/Ems sondern in Luterbach gebaut hat… Fragen Sie doch einmal die chinesische Provinzchefin, die wir vor einigen Jahren besucht haben, weshalb sie ihr Verwaltungsgebäude mitten in einen Wirtschaftscampus gestellt und diesen in Fachbereiche mit jeweils mindestens einer Universität unterteilt hat. Und was machen wir in Graubünden? Die Primarschule bekommt immer wieder ein neues Facelifting und seit Ewigkeiten wird über den Standort eines neuen HTW-Campus gestritten. Als ob der Campus, das Gebäude – die Hülle – das Wichtigste wäre.

Im Bereich der Ausbildung waren wir als Spitex Verband im letzten Jahr jedoch erfolgreich. Neu bietet das BGS Chur Spitex-Praktikumsplätze für HF-Absolventinnen auch im letzten Ausbildungsjahr an. Für uns entscheidend, denn nur so ist sichergestellt, dass im Bereich HF auch eine Vertiefung in der Spitex gemacht werden kann. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön an die Verantwortlichen des BGS. Bei unserem Besuch bei der Spitex Poschiavo mussten wir jedoch erfahren, dass eine FaGe Ausbildung in Italienisch bei uns im Kanton nicht möglich ist. Die jungen Leute müssen die Ausbildung im Tessin machen. Genau dies ist aber komplett falsch. Unser neues Vorstandsmitglied, Grossrat Alessandro Della Vedova, hat sich dieser Thematik angenommen. Wir hoffen, dass wir auch diesbezüglich gemeinsam eine Lösung finden werden. Weshalb im Bereich der Bildung nicht auch dem Fachkräftemangel entgegnen? Kürzlich hat mich eine Frau angefragt, weshalb es nicht möglich wäre, vor allem für Frauen ab 50plus eine gesonderte Ausbildung im Pflegebereich anzubieten? Sie stelle nämlich fest, dass viele ihrer Altersgenossinnen unglücklich in ihren angestammten Berufen seien, eine grosse Lebenserfahrung mitbrächten und durchaus für etwas Neues und Sinnvolles zu haben wären. Ja, weshalb eigentlich nicht?

Neue Wege gehen auch in der Organisation. Weshalb nicht eine Art Rückbesinnung auf unsere Wurzeln mit den Erkenntnissen der letzten Jahrzehnte anstreben? Ich denke hier an die Holländer, welche mit Buurtzorg einen nur vermeintlich neuen Ansatz hervorgebracht haben. Der Vorteil: die Pflegefachpersonen üben ihren Beruf im wahrsten Sinne des Wortes aus, ohne mit unnötigem administrativem Aufwand belastet zu werden. Der Kunde steht im Mittelpunkt und kleine selbstorganisierte Teams kümmern sich um ihn. Hier macht man nicht mehr eine hierarchische Karriere, sondern eine Fachkarriere. Das liegt doch im Trend, wenn ich die jungen Leute von heute betrachte. Da lohnt es sich diesen Weg weiter zu beobachten, verfolgen und eventuell einzuschlagen. An Sie, werte Leserinnen und Leser: Merken Sie sich also bitte den Begriff: Buurtzorg, insbesondere, wenn Sie im Bereich Spitex in einer Kader- oder Entscheiderfunktion sind. Basismitarbeitende zu überzeugen, wird dabei nicht so schwierig sein. Damit ich den Samen bereits auch schon gesetzt habe: eine Spitex Graubünden nach dem Buurtzorg-Prinzip…

Zum Schluss danke ich allen, die sich für die Idee Spitex einsetzen. Ein herzliches Dankeschön geht an dieser Stelle vor allem an all unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die tagtäglich zum Wohle der Bündner Bevölkerung mit viel Herzblut und Engagement im Einsatz stehen. Ich bedanke mich aber auch bei allen Behörden, insbesondere beim kantonalen Gesundheitsamt unter der Leitung von Regierungsrat Dr. Christian Rathgeb und dem Amtsleiter Dr. Rudolf Leuthold. Ich bedanke mich bei unseren Partnern, unter anderem dem Bündner Spital- und Heimverband. Mein Dank geht auch an alle Vorstandsmitglieder der Basisorganisationen und meine Kolleginnen und Kollegen im Vorstand des Verbandes. Vielen Dank an Mario Evangelista und Monika Schnoz.

Barla Cahannes

Chur, im März 2018

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