Bericht der Präsidentin
Liebe Leserinnen und Leser
«Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.» In keinem anderen Jahr hat dieser Ausspruch des grossen Philosophen Arthur Schopenhauer mehr Menschen betroffen als im 2020. Die Gesundheit aller Menschen ist aufs massivste bedroht. Corona ist in aller Munde.
Wie die meisten anderen bin auch ich von der Wucht der Pandemie überrollt worden. Dies obwohl wir Freunde in China haben, die uns bereits im Dezember 2019 von einer äusserst aggressiven Grippe erzählt haben. «Ja, ja, China ist so weit weg und bei SARS und anderen Grippeviren konnte die Ausbreitung ja auch in Schranken gehalten werden», war damals mein erster naiver Gedanke.
Als sich die Lage insbesondere in Norditalien nach dem Chinesischen Neujahr dramatisch verschlechtert hatte, ging es schnell darum, die notwendigen Schutzvorkehrungen zu treffen.
Dabei durfte ich mit Stolz feststellen, dass alle Spitex-Organisationen mit Klarsicht und Ruhe auf die sich abzeichnende Krankheitswelle reagiert haben. Die Sachlage wurde analysiert und die auf Papier bestehenden Schutzkonzepte wurden reaktiviert und angepasst. Für alle Organisationen bestand die grösste Herausforderung in der Beschaffung der erforderlichen Schutzmaterialien. Es gab in den Mengen, wie wir sie brauchten, keine Angebote zu einem moralisch vertretbaren Preis. Es macht mich immer noch wütend, dass der Bundesrat damals verkündete, Atemschutzmasken würden nichts nützen, weil er nicht zugeben wollte, dass zu wenig vorhanden waren. So haben wir vom Verband aus versucht, selber das notwendigste Material zu beschaffen. An dieser Stelle geht ein grosses Dankeschön an die Familie von Johnson und Lipin Wang. Über die Familie Wang und deren Geschäftsstelle in China wie auch über die Hamilton AG haben wir Hygienemasken, FFP2-Masken und Schutzanzüge erhalten und konnten diese an jene Organisationen weiterleiten, die es am dringendsten brauchten.
Auf der Geschäftsstelle ging es in dieser Zeit vor allem darum, alle entstehenden Fragen – zum Beispiel arbeitsrechtlicher Natur – so schnell wie möglich und richtig zu beantworten. Man musste damit leben, dass vieles offen blieb und jede Antwort neue Fragen aufwarf.
Erschwerend kam hinzu, dass unsere Kunden nicht einfach aus dem Homeoffice heraus bedient werden konnten. Die Unsicherheit damals war enorm gross. Trotzdem haben sich die Mitarbeitenden der Spitex-Organisationen während des ganzen Jahres 2020 an vorderster Front für unsere Kundinnen und Kunden eingesetzt. Dies trotz der Gefahr, der sie sich selbst ausgesetzt haben und immer noch aussetzen und trotz der Personalengpässe, die entstanden sind, weil einige Kolleginnen und Kollegen Corona-Risikogruppen angehören oder unter Quarantäne und Isolation gestellt waren, trotz eigener Ängste, Sorgen und grosser Arbeitslast.
Allen Spitex-Mitarbeitenden gebührt unser grosser Dank. Sie sind die Stütze und der Lichtblick für die Menschen zu Hause. Die Ruhe und die Professionalität ihrer täglichen Arbeit hat mich tief beeindruckt.
Leider kennt das Virus weder Landesgrenzen noch Datumwechsel. So haben wir die Pandemiesituation nach einer kurzen Verschnaufpause im Sommer und nach einer Verschärfung ab Ende September 2020 auch im neuen Jahr 2021 vorerst nicht im Griff.
Schade hat man in den Sommermonaten viel zu wenig Lehren aus der ersten Welle gezogen. Es wurde nie sauber analysiert, wie und wo sich die Menschen genau anstecken, um wirksame Massnahmen daraus abzuleiten. Der im Januar 2021 verhängte gesamtschweizerische Lockdown, die darauffolgenden kleinen Öffnungsschritte muten willkürlich an und legen den Verdacht nahe, dass konzeptlos Massnahmen ergriffen wurden und werden, um sich nicht dem Vorwurf des Nichtstuns zu unterwerfen und um auch vom Debakel der Impfstoffbeschaffung abzulenken.
Eine lobenswerte und erfrischende Ausnahme bildet da der Kanton Graubünden unter der Leitung von Regierungsrat Peter Peyer und dem Chef der Corona-Taskforce Graubünden Martin Bühler: Mit ihrer Strategie der flächendeckenden Tests haben sie unseren Kanton zum schweizweiten Vorbild gemacht. Trotz grossem Gästeaufkommen in den Tourismusregionen konnten Infektionsketten rasch unterbrochen werden und wir hatten im Vergleich zu anderen Kantonen keine erhöhte Positivitätsrate zu verzeichnen. Auch hier war der Bund anfänglich skeptisch und nun werden in allen Apotheken Tests gratis abgegeben. Graubünden und unseren mutigen Politikern sei Dank!
Barla Cahannes
Präsidentin Spitex Verband Graubünden
Chur, im März 2021